Was hat sich an den Märkten getan, seit unserem letzten Newsletter vom 01.07.2020? Die dramatischen Entwicklungen, wie wir sie im ersten Halbjahr verkraften mussten, sind ausgeblieben. Keine Pleitewelle im Unternehmensbereich, die von einigen Analysten erwartet wurde. Kein zweiter Lockdown – zumindest bis jetzt nicht.
Das Thema Corona bestimmt weiter die Schlagzeilen und zu einem großen Teil auch die Wirtschaftsmeldungen, aber das war wohl auch zu erwarten. Schauen wir uns zunächst die Entwicklung an den Börsen in den letzten 3 Monaten an. An den Aktienmärkten hat sich die Erholung der Kurse fortgesetzt. Das Tempo hat nachgelassen, aber neue Höchstkurse bei den Indizes hat wohl auch niemand erwartet. Und doch gab es sie! Der breite S&P 500, der die 500 größten Unternehmen der USA vereint, hatte Anfang September ein neues Allzeithoch erreicht. Verantwortlich dafür waren vor allem Technologiewerte wie Apple und Microsoft, deren Kurse abermals neue Rekordstände erklommen haben. Durch Ihre hohe Gewichtung im Index zogen Sie den ganzen S&P 500 auf ein neues Allzeithoch, von dem der Index inzwischen allerdings etwas zurückgekommen ist. Parallel dazu stieg natürlich auch der Index der Technologiewerte, der Nasdaq Composite auf ein neues Rekordhoch. Unser heimischer Dax, der nun wirklich kein technologielastiger Index ist, konnte da nicht mithalten. Wir liegen aktuell bei 13.000 Punkten, etwa 6% unter dem Allzeithoch vom Februar 2020. Sind die Kurse der Technologiewerte nun ausgereizt? Manche Analysten sehen das so, andere verweisen auf die hohen Gewinne und gewaltigen Barreserven dieser Unternehmen, mit denen sie die Haushalte ganzer Staaten sanieren könnten. Dem Grundsatz der Streuung, der Diversifizierung seiner Anlagen, sollte jeder Investor weiter treu bleiben, auch wenn der eine oder andere Bereich der Wirtschaft gerade besonders boomt. Heute sind es die Technologieaktien, morgen vielleicht Aktien aus dem Bereich der Energie, der Banken oder andere. Wer schon lange genug am Markt agiert, hat das schon oft erlebt.
Ein weiteres Thema, das die Märkte (und auch uns) schon fast dauerhaft beschäftigt, ist die Frage der Inflation. Regierungen und Zentralbanken stellen immer mehr Geld bereit, um die Folgen der Corona-Pandemie möglichst gering zu halten. Dadurch wächst natürlich die Verschuldung. Die amerikanische Notenbank hat ihre Strategie von einem festen Inflationsziel auf ein flexibles geändert – Ziel: bei Bedarf auch mehr Inflation zulassen können. Dennoch sehen wir aktuell deflationäre Tendenzen. Was die Geldschwemme langfristig bedeutet, dazu wagt niemand eine konkrete Aussage. In jedem Fall sind Sachwerte eine gute Anlage bei steigender Inflation, z. B. Aktien – am Markt werden insgesamt weiter steigende Kurse erwartet; Immobilien – kein Einbruch am Markt durch die aktuelle Pandemie, die Preise steigen trotz oder wegen Corona weiter.
Äußerungen und Tweets des aus seiner Sicht „größten Präsidenten der USA aller Zeiten“ haben in den vergangenen Jahren die Börsen häufig drastisch bewegt. Am 03. November wird nicht nur der Präsident der USA gewählt, sondern auch das Repräsentantenhaus und ein Teil des Senates. Viele Szenarien sind dadurch möglich. Noch vor einigen Monaten hoffte man an der Wallstreet überwiegend, dass Trump wiedergewählt wird. Unter Biden würden die Kurse einbrechen, da er höhere Steuern und mehr Regulierungen einführen würde. Heute verweisen viele Analysten auf die von Biden angekündigten enormen fiskalpolitischen Maßnahmen um die Konjunktur weiter anzukurbeln. Die Wallstreet-Banken haben inzwischen wesentlich mehr Geld für den Wahlkampf von Joe Biden gespendet als für Donald Trump. Sicher werden einige Branchen von dem einen oder anderen Präsidenten mehr profitieren. Viele Marktteilnehmer gehen heute davon aus, dass sich die Politik, unabhängig davon wer Präsident wird und wie Kongress und Senat sich zusammensetzen, nicht grundlegend ändern wird. Auch wenn sie nicht diesen Namen trägt, wird eine „America First“-Politik uns wohl erhalten bleiben. An den Börsen wird auf mittlerer Sicht daher kein Ein- oder Ausbruch der Kurse erwartet. Trotzdem rechnen viele Analysten im Vorfeld der Wahlen mit einer größeren Volatilität. Und da sich die Kurse von den Tiefständen Mitte März bereits sehr stark erholen konnten, sind kurzfristige Korrekturen auf Grund von Gewinnmitnahmen auch immer möglich. Ob all diese Analysten Recht behalten, werden wir in wenigen Wochen wissen. Ein gut diversifiziertes Depot sollte diese Wahl, wie auch immer sie ausgeht, gut verkraften.